Netzneutralität

Am gestrigen Tag wurde in den USA den Willen und die Erzwingung der Netzneutralität aufgekündigt.

Was bedeutet eigentlich Netzneutralität?

Bei der Nutzung des Internets gibt es im Regelfall drei Parteien:

  • Der Endnutzer (also du)
  • Der Provider (Telekom, Vodafone und andere Halsabschneider)
  • Der Internetdiensteanbieter (YouTube, WhatsApp, Facebook, aber auch Bank und Sparkassen)

Netzneutralität bedeutet:

a) Der Endnutzer bezahlt den Provider für den Zugang ins Internet
b) Der Provider (Internetzugangsdienst) ist verpflichtet die Verbindung zu allen Internetdiensteanbietern gleichartig zu gewährleisten. Er darf aus kommerziellen Gründen nicht drosseln und nicht sperren. (Internetsperrgesetz lässt grüßen). Volumenbeschränkung erfolgt gleichartig über alle Dienste… (Telekom interpretiert hier das ‚StreamOn‘ anders, steht aber auch dafür in Kritik)
c) Der Internetdiensteanbieter ist auf der anderen Seite diskriminierungsfrei gestattet Dienste dem Endkunden anzubieten.

Niedergeschrieben in der EU-Verordnung 2015/2120 :

Anbieter von Internetzugangsdiensten wenden keine Verkehrsmanagementmaßnahmen an, die über die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 2 hinausgehen; insbesondere dürfen sie nicht bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste — oder bestimmte Kategorien von diesen — blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren, außer soweit und solange es erforderlich ist, um …

Genau dies wurde nun in den USA aufgekündigt…

Wo ist das Problem? 

Punkt a) bleibt natürlich erhalten.

Punkt b) bedeutet nun, dass der Provider zum Beispiel Netflix drosseln kann und der Endnutzer gegen einen Obolus von 3 EUR/Monat Zugriff auf Netflix auch in HD erhält. Ein WhatsApp Package für 5 Cent pro Nachricht wäre auch elegant.

Punkt c) bedeutet, dass der Provider nicht nur den Endkunden schröpft, sondern auch den Internetdiensteanbieter um Geld bittet, da sein Service ansonsten nur verlangsamt oder gar nicht angeboten wird.

Oder als PowerPoint:

Ergo: Mehr € für weniger Daten

Im Endeffekt kann dann der Vertrag folgendermaßen aussehen (Worst-Case Szenario):

Auf der einen Seite verdienen die Diensteanbieter ein Schweine-Geld, dass die Provider den quasi kostenfreien Zugriff auf die hochvolumigen Dienste gewährleisten müssen, auf der anderen Seite kann dies nicht auf den Rücken der Endnutzer ausgetragen werden und damit der Zugriff auf das wohl erfolgreichste und gesellschaftsbeeinflussende System, dem Internet, limitiert wird. Der gesellschaftliche Nutzen des Internets lebt davon, dass jeder Mensch in der Lage ist auf alle kostenfreien Dienste im Netz zugreifen kann. Ein Basis-Internet-Zugriff ist nahezu für jeden finanzierbar (wenn nicht, sollte er in meinen Augen Teil des Existenzminimums sein). Es wäre eine Schande, wenn der Zugang auf unbestreitbar sinnvolle Dienste wie Wikipedia, OpenStreetMap, die freie Presse auf Grund von kommerziellen Interessen  eingeschränkt werden könnte… (Das Können ist schon die Schande…. Die Durchführung ist eine Konsequenz daraus)

Weiterhin ist es untragbar, dass private Unternehmen nicht nur die Möglichkeit haben politisch oder moralisch ungewollte Inhalte auf der eigenen Plattform zu sperren… Sie haben nun als Provider die Möglichkeit ungewollte Inhalte aus quasi-kommerziellen Gründen auf dritte Webseiten zu drosseln oder zu reduzieren.

Weiterhin werden die Internetdiensteanbieter weiter monopolisiert (z.B. GAFA), da diese auf Grund von Skaleneffekten in der Lage sind die Kosten für die Provider zu bezahlen. Neue, innovative Anbieter, die noch in der Wachstumsphase sind, werden so systematisch benachteiligt, was im Sinne der Monopolisten ist. Die Innovationskraft wird auf Grund von Kostendruck und privater Regulierung (Zugangsbeschränkung durch Private) reduziert.

Daher mag die amerikanische Entscheidung ein Gewinn für die EU (kurzfristig) sein, wir werden jedoch aufmerksam sein müssen, dass sich ein solches Modell nicht in Europa durchsetzt.

Oder wie es die gute EU dargestellt hat:

http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-5275_de.htm

Thus, every European consumer will be able to have access to the open internet and all content and service providers will be able to provide their services via a high-quality open internet without any discrimination or interference by internet access providers. The rules will thereby ensure that internet access providers cannot pick winners or losers on the internet and decide which content and services are available to consumers. This increases consumer choice, competition and consumers‘ welfare.

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